Was für ein Rolex Grand Prix, was für ein Finale für den CHIO Aachen 2024! Eigentlich war André Thieme gar nicht qualifiziert für die Teilnahme am Highlight des Wochenendes. Samstagabend erfuhr er, dass er nachrücken kann. Sonntagnachmittag erfüllte seine große Pferde-Liebe DSP Chakaria (v. Chap I/Askari; Zü. Martin Jürgens) ihm einen Lebenstraum.
Der Weg dahin war allerdings kein leichter. Der Mercedes-Benz Nationenpreis sei eine Enttäuschung für ihn gewesen, so Thieme. Sein Pferd in Topform, trotzdem je ein Abwurf in beiden Umläufen. Damit schienen gleich zwei Träume geplatzt: der von der Teilnahme am Rolex Grand Prix, weil er nicht qualifiziert war, und auch der von den Olympischen Spielen in Paris. Damit, Nummer fünf für Olympia zu sein, habe er sich abgefunden, so Thieme. Was das andere angeht – Thieme konnte nachrücken auf die Liste der besten 40, die beim Highlight im Parcours an den Start gehen dürfen. Und da das Thema Olympia vom Tisch war, habe er auch seine Lockerheit zurückgewonnen, erzählte Thieme weiter – „das eine oder andere Bier hat auch geholfen“ – und zitiert seine Frau: „Sie hat gesagt: Jetzt geh los und hol uns ein bisschen Geld rein!‘“ Als guter Ehemann, der seine Chakaria genauso liebe wie seine Frau, tat er wie ihm geheißen.
Nach zwei Umläufen blieben nur noch vier Anwärter auf die 500.000 Euro Preisgeld und den Sieg im Rolex Grand Prix übrig. Eröffnet wurde das Stechen von McLain Ward, USA. Er habe Ilex noch nicht lange, aber der sei ein „big Jumper“ hatte Ward schon am Vortag berichtet. Das demonstrierte der elfjährige KWPN-Wallach v. Baltic VDL eindrucksvoll und sprang zum dritten Mal null. Die Zeit schien allerdings schlagbar zu sein: 41,02 Sekunden.
Martin Fuchs und Leone Jei waren schneller, hatten aber einen Abwurf, was letztlich Rang vier bedeutete. Dann kamen Thieme und DSP Chakaria. Die Stute machte schon in den ersten beiden Umläufen den Eindruck, als habe sie nicht vor, heute einen Fehler zu machen. Und auch im Stechen lieferte sie ab: fehlerfrei, 39,77 Sekunden, schneller als Ward, neue Führung. Dabei habe es sich erst einmal gar nicht so angefühlt: „Nach der Kombination dachte ich, ich bin hinter McLain und ich habe nur noch diese beiden Sprünge, ich muss es versuchen. Also bin ich vor dem Oxer wirklich kurz rum und das hat perfekt geklappt. Ich weiß nicht, wie viele Galoppsprünge ich auf den letzten gemacht habe. Es fühlte sich so an, als kämen wir nie an. Aber irgendwie haben wir es an den letzten beiden Sprüngen rausgeritten.“ Etwas, woran auch Steve Guerdat einen Anteil habe: „Ich muss Steve danken. Er hat gesagt, meine Stute springe heute so fantastisch, heute könne ich es versuchen.“ An seinen Rat, bei den Distanzen jeweils einen Galoppsprung weniger zu machen, hatte er sich dann aber doch nicht herangetraut.
Dann gingen als letztes Paar im Stechen Richard Vogel und United Touch S in den Parcours. Er hatte sich in dieser Woche in ihre Herzen geritten. United Touch breitete seine Flügel aus und segelte durch die Soers. Blitzschnell und fehlerfrei bis zum letzten Hindernis. Er war schon halb drüber über den grün-gelben Rolex-Steilsprung. Doch dann berührte er mit einem Hinterhuf ganz leicht die Stange und sie fiel. Vogel hatte die Faust schon in die Luft gereckt, als er registrierte, was passiert war. Aus der Traum, Rang drei für ihn. Und Sieg für André Thieme mit DSP Chakaria vor McLain Ward und Ilex.
Thieme: „Ich hatte schon vorher emotionale Momente mit Chakaria. Aber hier in Aachen ist es nochmal etwas anderes – vor zwei Jahren, als wir hier den Mercedes-Benz Nationenpreis gewonnen haben und ich als letzter Reiter null bleiben musste. Aber der Rolex Grand Prix in Aachen, das ist der Lebenstraum eines jeden Reiters. Die meisten kommen nicht mal in die Nähe. Wäre ich zwei Jahre älter, würde ich wahrscheinlich sagen, jetzt höre ich auf.“ Aber das ist er ja zum Glück nicht. Und nach diesem Sieg geht seine ganz persönliche Rolex Grand Slam-Reise los. Denn nun ist er der Anwärter auf den Rolex Grand Slam of Show Jumping. PM/CHIO Aachen - Foto: CHIO Aachen/Franziska Sack